Freilichtbild

Die nicht ganz so typische Ausrüstung für die Outdoor-Fotografie

Outdoor - Fotografie

Das Feld der Naturfotografie ist ein breites - können interessante Naturaufnahmen doch auch an den ungewöhnlichsten und undenkbarsten Orten entstehen. Mitunter kann sich dann herausstellen, dass es mit dem vermeintlich immer verfügbaren Handyempfang gar nicht so weit her ist, oder gerade in der kalten Jahreszeit uns der Handyakku schnell im Stich lassen kann. Ein Umstand, der unser gewohntes (Notfall)programm doch erheblich über den Haufen werfen könnte.

Es ist mir natürlich völlig klar, dass es in unseren mitteleuropäischen Breiten sehr unwahrscheinlich ist, auch tatsächlich in eine Notsituation zu kommen. Zu dicht ist das Netz an Straßen und Infrastruktur und zu wenig ausgedehnt sind vom Menschen unberührte Gebiete. Nichtsdestotrotz möchte ich die Auseinandersetzung mit den Themen Handlungsfähigkeit, Handlungsoptionen und Improvisationsmöglichkeiten, einfach aus persönlichem Interesse und mit entsprechendem Konnex zur Fotografie in den Fokus rücken. Ich möchte in diesem Artkel bewusst nicht auf die Kamera-, Objektiv-, oder Stativauswahl eingehen, sondern einen Blick über den Tellerrand wagen.

Ich hatte vor ein paar Jahren eine Teilnahme an einem Survivalkurs* geschenkt bekommen. Eine Erfahrung, die für mich in jedweder Hinsicht sehr aufschlussreich war und die einen jedenfalls animiert so manches auch aus einem anderen Blickwinkel zu betrachten. Mitgenommen habe ich, dass man mit nur wenigen, aber sorgfältig ausgewählten Werkzeugen und der Kenntnis einiger Techniken seine Optionen draußen in der Natur erheblich beeinflussen kann. Darüber hinaus ist mir seither eine tiefe Naturverbundenheit und ein Gefühl der inneren Entschleunigung erhalten geblieben. Elemente, deren Parallelität zur Naturfotografie nicht zu verleugnen sind, daher meine Motivation mich mit diesem Thema in Form dieses Artikels auseinanderzusetzen.

Eine allgemein gültige Antwort auf die Frage was abgesehen vom Fotoequipment im Rucksack Platz finden soll oder welche Techniken man sich aneigenen sollte, wird es ob der individuellen Ansprüche nicht geben. Was aber jedem gleich ist, wird sein sich zu fragen, welche Situationen auftreten könnten.

Den meisten wird sofort ein Unfall in den Sinn kommen. Ja, du kannst dich verletzen, oder auch in die Situation kommen, dass jemand anderer auf deine Hilfe angewiesen ist. Aber auch viel weniger dramatische Umstände können uns draußen begegnen. Ich denke hier an technische Gebrechen an der Fotoausrüstung, an Schäden an deiner Kleidung oder deinen Schuhen, an Verlust der Orientierung, an plötzlichen Wetterumschwung oder einfach an Gegebenheiten, wo man mit einem Set an Improvisationsmöglichkeiten und Handlungsoptionen klar besser aufgestellt ist.

Aus meiner Sicht sind bei der Zusammenstellung eines Outdoorkits zwei Elemente wesentlich. Erstens: Ein Augenmerk auf Qualität und Multi-Use zu legen, und zweitens sein Werkzeug zu kennen und entsprechend damit umgehen zu können. Darüber hinaus ist es ratsam sich sein Kit selbst zusammenzustellen - Auch bei Outdoorausrüstung (und fertigen Survivalkits) gilt leider wie so oft, wer billig kauft, kauft zweimal. Aber: Es gibt auch robuste Ausrüstung, ohne gleich ein Vermögen ausgeben zu müssen. Und: Auch ganz gewöhnliche Gegenstände, die sich in jedem Haushalt finden, können mitunter sehr hilfreich sein.

Teil 1: Das Outdoor-Fotokit

Als Basis dient mir eine kleine, robuste Tasche aus Kunststoff mit mehren Fächern und Verschlüssen, die ggf. über Ösen und Schnallen (z.B: MOLLE) auch außen am Rucksack oder am Gürtel befestigt werden kann. Kleine Ausrüstungsgegenstände habe ich in Sets zusammengepackt, so lässt sich alles wesentlich besser verstauen, bzw. im Bedarfsfall finden. (Die aus meiner Sicht absolut notwendigen 5 Teile sind kursiv & fett dargestellt.)

1a) Das Outdoor-Equipment

  • Multitool/Taschenmesser: Multitools gibt es in den unterschiedlichsten Konstallationen. Ein gutes Multitool hält ewig. Auch ein Schweizer Taschenmesser fällt in diese Kategorie. Ich verwende ein bereits über 20 Jahre altes Super Tool von Leatherman, bzw. mein Victorinox Traveller
  • Multitool II: Manchmal muss eine Schnellwechselplatte montiert oder eine Schraube nachgezogen werden. Dies geschieht mit dem für Fotografen entwickelten, sehr leichten und kompakten Multitool von Novoflex.
  • Taschenlampe: Bei Dämmerung oder bei der Nachtfotografie kann eine kleine Taschenlampe sehr hilfreich sein. Auch als Zusatzlicht um (Makro-)Motive besser auszuleuchten ist dies eine brauchbare und einfache Lösung . In meinem Kit findet sich eine sehr kompakte und leichte LedLenser P2.
  • Kleinteilset 1: 2 AAA-Batterien, Teleskopkugelschreiber, Superkleber (1g Tube), Feuerzeug, 2-3 Stk. feuchte Brillenreinigungstücher, Maurerschnur, Schuhband, 1 Stk. elastische Schnur, Watte, Kabelbinder & Kabelklettbänder, Pflaster, 1 Pinzette, 
  • Kleinteilset 2: Gummiringe, Sicherheitsnadeln, 3cm kleine Teppichmesserklinge.
  • Sonstiges: Mini-Led, Signalpfeife (Fenix NW20), Isolierband, Gefrierbeutel, Kameragurtanker, kleines Nähzeug, Handcreme, 1 kleiner Bleistift, etwas Papier, noch mehr Watte, 1 Rettungsdecke, Traubenzucker, Klopapier und einzeln verpacktes, feuchtes Klopapier.


1b) Das fotografiespezifische Equipment

  • Lenspen: Ist mal die Frontlinse oder das Fernglas zu reinigen kommt der Lenspen zum Einsatz.
  • Ersatzakku: 2 Stück, ideal wenn Haupt- & Backupkamera mit gleichen Akkus laufen.
  • Objektiv- & Gehäusedeckel: Schutz für Kamera und Objektiv.


Dieses Outdoor-Fotokit lässt sich prima im Hauptfach meines Kamerarucksacks verstauen, auch das Gewicht hält sich in Grenzen. Bin ich mal ohne Kamera in der Natur unterwegs, findet das Kit seinen Platz in meinem Wanderrucksack. Dann bleiben aber Akku, Gehäusedeckel und Schnellwechselplatte zu Hause.

Out:door:Foto : pictoworx : mein Fotoprojekt - www.pictoworx.at

Teil 2: Das erweiterte Kit

Für größere Touren oder aufgrund besonderer Gegebenheiten

2a) Survival & Bushcraft

  • Messer: Trotz Multitool, ein robustes Messer mit fester Klinge kann man durch nichts ersetzen. Meine Wahl ist hier ein Fällkniven F1.
  • Feuerstahl: Auch wenn es unwahrscheinlich ist, aber für den Fall ein Feuer machen zu müssen sind Feuerstahl und Zunder in Verbindung mit einem guten Messer die zuverlässigsten Werkzeuge. Feuerstahl gibt es in allen möglichen Größen und Ausführungen. Mein Feuerstahlbehälter bietet auch Platz für etwas Watte und Holzspäne als Zunder.
  • Navigation: Kompass & Karte können sehr hilfreich sein. Ich verwende einen Recta DP-6.
  • Erste Hilfe & Hygiene: Verband, Pflaster und eine Rettungsdecke sind Grundausstattung. Auch Blasenpflaster können einem den Tag retten. Das aus meiner Sicht unbrauchbare, ursprünglich beiliegende kleine Multitool habe ich durch eines von Leatherman ersetzt. Dazu gepackt habe ich auch noch Schmerz- und Beruhigungstabletten. Darüber hinaus habe ich ein kleines Fläschchen Sterilium sowie Desinfektionstücher und etwas Klopapier dabei.
  • Stirnlampe: Eine robuste Stirnlampe ist immer dabei. Ich setze hier auf ein Modell mit unterschiedlichen Leuchtstärken, Rot- und Signallicht von Petzl.
  • Tarnschal: Neben der Tarnung von Kamera und Objektiv eignet sich ein Tarnschal auch als Kleidungsstück, als Kopftuch, zur Herstellung eines Druckverbandes, als „Bohnensack“, als Einschlagtuch oder als improvisierte Armschlinge. In meinem Rucksack hab ich immer zwei Tarnschals sowie ein Bufftuch dabei - Eignen sich auch bestens um zu verhindern, dass Gegenstände im Rucksack „herumfliegen“
  • Paracord: Als Allzweckschnur ist Paracord die erste Wahl. In meinen Fotorucksack habe ich 10 Meter gepackt - Prima als Schuhbänder, Wäscheleine oder zum Bau eines Unterstands in Verbindung mit dem Regenponcho und den Rettungsdecken verwendbar.


2b) Während man auf Motive wartet

  • Sitzkissen: & Dreibeinhocker: Gerade bei der Ansitzfotografie kann es mit der Zeit sehr unangenehm werden am mitunter feuchten Boden zu sitzen. Hierfür habe ich immer ein faltbares und sogar etwas gepolstertes Sitzkissen mit dabei. Solche Kissen gibts im Outdoorbedarf oder immer wieder mal für schmales Geld bei Hofer (Aldi) oder Tchibo. In Kombination mit einem großen Müllsack hast du dir in wenigen Sekunden einen trockenen und weichen Ansitz gebaut. Ergänzend hab ich eine faltbare ISO-Matte dabei, die man auch als Sitzkissen oder auseinandergefaltet eben als Liegeunterlage verwenden kann. Alternativ dazu habe ich bei Bedarf einen leichten und flexiblen Dreibeinhocker mit Teleskopbeinen von Walkstool dabei.
  • Tarnponcho: Ein Tarnzelt ist mir (noch) etwas zu schwer, da ich oft weitere Strecken zu Fuß zurücklege. Als Alternative hab ich mittlerweile 2 leichte Tarnponchos von Tragopan mit. Einen für den Fotografen und den zweiten aufgeknöpft als Tarnnetz für Stativ und Kamera.


2c) Wenn das Wetter umschlägt

  • In der kalten Jahreszeit dürfen niemals meine Handschuhe (The Heat Company) fehlen. Aber auch in der warmen Jahreszeit sind dünne Handschuhe sehr sinnvoll, bieten sie doch Schutz gegen Insekten oder hautreizende Pflanzen.
  • Regenschutz: Besonders im Sommer kann einen mal ein Platzregen überraschen - hierfür sind mein Regenponcho (Fjällraven) und der Regenüberzug für meinen Rucksack mit dabei. Darüber hinaus habe ich auch noch einen Regenschutz für meine große Telefestbrennweite von LensCoat und ein leichtes faltbares 10l Drybag eingepackt.


2d) Verpflegung

Ich habe auch immer etwas Schokolade oder Studentenfutter im Rucksack. Sehr empfehlen kann ich hier Scho-ka-kola, schmeckt gut, ist portioniert, macht munter und ist verpackt in einer Metalldose bestens geschützt. Auch nicht fehlen darf Wasser, idealerweise in einer robusten Edelstahlflasche, ich verwende hier ein Modell von Hydroflask.


Auch wenn dies nun sehr viel erscheinen mag, die meisten der genannten Ausrüstungsgegenstände sind sehr kompakt und tragen nicht unnötig auf. Angesichts des Umfangs der „herkömmlichen“ Fotoausrüstung ist das Mehr an Gewicht aus meiner Sicht zu verkraften. Darüber hinaus muss ja nicht immer alles mit - und natürlich stellt sich die Frage, ob jeder genannte Ausrüstungsgegenstand auch tatsächlich nötig ist. Zentral ist aber jedenfalls sich mit seiner Ausrüstung vertraut zu machen und sich mit dem Thema etwas auseinanderzusetzen. Weiß man, welche Prioritäten man setzen muss, wie man sich warm hält, sich vor Umwelteinflüssen schützen und auf sich aufmerksam machen kann, hat man in der Natur bereits einen klaren Vorteil.

Was oft vergessen wird: Gewisse Gegenstände sind regelmäßig auf Funktion und/oder Ablaufdatum zu prüfen und ggf. zu ersetzen - eine kurze Gedankenstütze:

  • Ausgelaufene Batterien, passiert dies in einer Taschenlampe ist diese oftmals irreparabel
  • Leeres Feuerzeug
  • Leerer Akku
  • Eingetrocknete Feuchttücher
  • Eingetrockneter Superkleber
  • Stumpfes Messer
  • Abgelaufenes Verbandszeug


Links zum Thema

Survivalkurse von und mit Reini Rossmann: www.ueberlebenskunst.at
Outdoor-Multitalent Regenponcho: https://youtu.be/f4kJByJ5riw